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Mobility

Dehnen ist überbewertet

Jeder von uns – ob Hobbysportler oder Athlet – sollte sich fragen, ob er Mobility wirklich braucht oder ob er Mobility nur der Mobility wegen macht?

Jeder von uns hat sich in seinem Leben vermutlich schon einmal gedehnt. Als Teil vom Warm Up oder anschließend an das Training, der Prozess des Dehnens, ist in vielen Sportarten vertreten. Auch in meiner Zeit als Leichtathlet war das Dehnen fester Bestandteil des Aufwärmprogramms. Nach dem Einlaufen und einem lockeren Koordinationstraining sollten wir uns erstmal „andehnen“, bevor es an die Steigerungsläufe und dann an die Sprints ging. Damals habe ich das nicht hinterfragt. Heute wissen wir, dass Dehnen eher auf Traditionen basiert, als auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.1 Und jeder von uns – ob Hobbysportler oder Athlet – sollte sich fragen, ob er Mobility wirklich braucht oder ob er Mobility nur der Mobility wegen macht?

Ein Muskel kann nicht verkürzen

Es wird leider sehr häufig die Vorstellung davon verbreitet, dass ein Muskel verkürzen könnte. Wenn wir umgangssprachlich davon reden, vermitteln wir einen falschen Eindruck dessen, was physiologisch wirklich passiert. Ein Muskel kann nämlich nicht verkürzen. Wir verstehen nur nicht, was dabei passiert und benennen es eben so, wie es uns passt. Das bedeutet nicht, dass der Muskel vermeintlich zu kurz ist und wir ihn dehnen müssen. Verkürzt, tight oder fest. Alles bezeichnet denselben Zustand der Muskulatur und wir alle kennen dieses Gefühl. Aber was passiert wirklich?

Skelett und Muskulatur beeinflussen sich gegenseitig. Das ist wichtig zu verstehen. Über die Position der Knochen zueinander, wird die Funktion der Muskulatur bestimmt. Aber wenn die Muskulatur kontrahiert, wirkt sich das direkt auf das Bewegungsausmaß unserer Gelenke aus. Und damit auch auf die Position der Knochen zueinander, was wiederum die Spannung der Muskulatur beeinflusst. Lasst uns das mal an einem praktischen Beispiel anschauen.

Gerade im Kraftsport tendieren viele von uns dazu eine verstärkte Lordose der Lendenwirbelsäule auszubilden. Wir zwingen den Körper in diese Position, um zum Beispiel in der Kniebeuge aufrecht zu bleiben oder die Langhantel beim Reißen über dem Kopf stabilisieren zu können. Wenn wir uns von der Seite betrachten, kippt unser Becken dadurch leicht nach vorne. Das verstärkt den Zug auf unsere Beinbeuger hinten am Oberschenkel. Die Position des Beckens beeinflusst jetzt die Funktion der Beinbeuger. Anstatt konzentrisch zu arbeiten und das Becken aufzurichten, arbeiten die Beinbeuger jetzt exzentrisch, also langsam nachgebend.

Und das wirkt sich direkt auf das Bewegungsausmaß unseres Hüftgelenks aus. Die Möglichkeit das volle Bewegungsausmaß zu nutzen ist durch die Position des Beckens und den Zug der Beinbeuger eingeschränkt. Und nicht nur das. Unsere Beinbeuger fühlen sich fest, tight und verkürzt an. Und warum? Weil sie zu schwach sind, das Becken wieder in die Normalposition zu bewegen und der verstärkten Lordose entgegenzuwirken. Muskuläre Schwächen sind der häufigste Grund für Mobilitätsprobleme. Der Muskel ist also nicht verkürzt, er ist zu schwach! 2-5

Nach dem Dehnen, fühle ich mich aber beweglich und locker.

Im Grunde ist Dehnen eine Trainingsmethode, um unser vegetatives Nervensystem zu beeinflussen. Wir kommen zur Ruhe, atmen in die Dehnung rein und sorgen dafür, dass der Teil vom vegetativen Nervensystem überwiegt, der für Ruhe und Entspannung verantwortlich ist. Das Gleiche passiert übrigens auch beim Foam Rolling. Wir haben keinen Einfluss auf die Faszien und lösen auch keine Verklebungen, aber wir regulieren die Spannung unseres Nervensystems. Das ist ein absolut legitimes Ziel. Aber wie lange hält dieser Zustand an?

Und wenn wir nicht verstehen, in welchem Spannungszustand sich die vermeintlich zu feste Muskulatur gerade befindet, dann sollten wir nicht einfach so dehnen. Ein Muskel, der exzentrisch arbeitet und sowieso schon länger ist, muss nicht gedehnt werden. Er muss gekräftigt werden. Das ist ein großer und wichtiger Unterschied.

Durch Testen und Analysieren der Bewegungsabläufe, kann man herausfinden, in welchem Spannungszustand sich die Muskulatur gerade befindet. Und so sollten wir auch vorgehen. Nur weil wir nicht in die tiefe Hocke kommen, sollten wir uns nicht verbiegen und über Dehnen versuchen in die Position zu kommen. Zumal wir damit ja nur unser Nervensystem beeinflussen. Und das hält meistens nur für wenige Stunden an.

Wenn unser System diese Position nicht einnehmen kann, hat das immer einen Grund und in den meisten Fällen sind wir einfach zu schwach. Nach dem Dehnen kommen wir kurzfristig in eine Position, die wir muskulär nicht stabilisieren können. Aber wenn unser Ziel ist, maximal viel Gewicht zu bewegen, dann sollten wir das Gewicht doch auch in einer maximal stabilen Position kontrollieren können oder?

Brauchst Du Mobility Training wirklich?

Diese Frage solltest Du Dir auf jeden Fall stellen. Nur weil sich ein Muskel zu fest anfühlt, ist er noch lange nicht zu kurz. Wenn Du in eine Position nicht mehr reinkommst, dann hast Du sie vielleicht lange nicht mehr trainiert oder Dein Körper ist nicht mehr daran gewöhnt. Aber dann ist Dehnen der falsche Ansatz, um die Beweglichkeit wieder zu verbessern. Damit wirst Du keinen langfristigen Erfolg haben.

Mach Mobility nicht einfach der Mobility wegen. Das Ziel sollte doch sein, ohne großen Aufwand trainieren zu können. Das Training macht Dich am Ende nämlich stärker und nicht dein Aufwärmprogramm. Wir müssen verstehen, welche Anforderungen unser Sport mit sich bringt und welche Positionen wir kontrollieren müssen. Damit ist Techniktraining das beste Mobility Training.

QUELLEN

1) Baxter, Naughton, Sparks, Norton, & Bentley (2017). Impact of stretching on the performance and injury risk of long-distance runners. Research in Sports Medicine, 25(1), 78–90.

2) Hurley (1999). The role of muscle weakness in the pathogenesis of osteoarthritis. Rheumatic Disease Clinics of North American College of Sports Medicine, 25(2), 283-298.

3) Roos, Herzog, Block, & Bennell (2010). Muscle weakness, afferent sensory dysfunction and exercise in knee osteoarthritis. Nature Reviews Rheumatology, 7(1), 57-63.

4) Waryasz, & McDermott (2008). Patellofemoral pain syndrome (PFPS): a systematic review of anatomy and potential risk

5) Zatsiorsky, & Prilutsky (2012). Biomechanics of Skeletal Muscle: Human Kinetics.

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